Plattentipps
Jeden Monat neu – die persönlichen Highlights von Markus, Tom und Holger. Holger empfiehlt
MATT BERNINGER - Get Sunk
Matt Berninger, seines Zeichens passionierter Rotweintrinker und Sänger der amerikanischen Indie-Band „The National“, hat sein zweites Solo-Album veröffentlicht. „Get Sunk“ ist sein Einatmen, sagt er, nach dem Auftauchen aus dem Wasser, in das er vorher versunken ist. Stilistisch sehr abwechslungsreich und mit vielen Gastmusikern gespickt lebt das Album von Berningers unverwechselbarer Stimme. Diese wundervolle Stimme, mit der er mir auch das Telefonbuch (wenn es sowas überhaut noch gibt) vorsingen könnte und ich würde es lieben. Probiert es aus, es ist wunderbar.
Markus empfiehlt
YOUNG GUN, SILVER FOX - Pleasure
Wer, wie ich, Steely Dan aufs Äußerste vermisst, dem kann geholfen werden, denn es gibt seit einigen Jahren Young Gun Silver Fox. Mit ihrem aktuellen Album „Pleasure“, das fünfte seit 2015, beweisen der britische Songwriter Andy Platts und der amerikanische Multiinstrumentalist Shawn Lee, dass man den lässigen, stylisch arrangierten West Coast Rock in unsere Zeit retten kann. Auch auf ihrem aktuellen Album machen die beiden keinen Hehl aus ihrer Verbeugung vor den ganzen Großen des Genres, wie eben Steely Dan oder auch, wenn es souliger wird James Brown bzw. Shuggy Otis. Vom ersten bis zum letzten Stück wippt der Fuß und klingelt der Eiswürfel im Glas. Alle Songs sind präzise arrangiert mit einem hervorragenden Gespür für das richtige Timing. Gleich am Anfang zeigt „Stevie & Sly“ wo es langegeht, lässige Beats, tolle Chorarrangements und ein Händchen für Melodien. Im Prinzip muss man die ganze Platte durchhören und wieder von vorne anfangen, wenn man dieses schöne Gefühl von Wärme und Sommer konservieren möchte. Glücklicherweise haben Andy und Shawn diese wunderbare Musik ins Jetzt gerettet, danke!
Tom empfiehlt
MODEL/ACTRIZ - Pirouette
Ohne despektierlich klingen zu wollen, aber die meisten Rockbands versuchen doch im Grunde genommen, wiedererkennbare Klänge aus der Vergangenheit auf relativ neue Weise anders anzuordnen. Da ist nichts gegen einzuwenden, denn mitunter funktioniert das ja vortrefflich. Model/Actriz klingen aber nicht wie diese Bands.Model/Actriz klingt wie niemand anders sonst zur Zeit.
„Pirouette“ ist ein tanzbarer Fiebertraum mit einer permanenten, unterschwelligen Anspannung, die nie wirklich aufgelöst wird. Jedes Instrument wird als Rhythmusinstrument eingesetzt. Auch die Gitarre ist eher Perkussion als Melodie. Sie dröhnt, flirrt und kreischt in kontrolliertem Chaos mit virtuosem Timing auf, begibt sich aber nie auch nur in die Nähe eines „Rockriffs“. Der Gesang dazu changiert zwischen exaltiertem Raunen und naiver Harmonie und konterkariert die Polyrhythmik der Band nicht selten als weiteres Perkussionsinstrument.
Nein, Model/Actriz klingen nicht wie andere Bands. Sie sind ihr eigener Referenzpunkt.
"Pirouette" erscheint am 06.06.25 auf LP und CD
